Ich lass das mit dem Bloggen

Ich weiß nicht, wie viele Blogbeiträge ich in den vergangenen Monaten angefangen habe. Und letztendlich konnte ich keinen einzigen davon beenden. Mir sind die Worte ausgegangen. Einfach so. Oder der Impuls, sich noch über irgendetwas in dieser Welt aufzuregen. Machen doch schon alle anderen. Und wenn alle anderen schon etwas machen, dann bin ich meist genau derjenige, der dagegen ist.

Etiam si omnes, ego non.

Immer schon. Immer dagegen sein, immer anders denken, immer in Opposition sein.

Themen gäbe es genug, denn mal ehrlich: Du kannst doch nur noch kopfschüttelnd durch die Welt gehen und an all dem, was da gerade passiert verzweifeln. Aber mir fehlt da momentan die Kraft, vielleicht auch die Zeit und: mir fehlt die Hoffnung, dass sich durchs Schreiben auch nur irgendetwas ändern könnte. Ich stecke in einer Gegenwart und Gesellschaft fest, die sich in den vergangenen Jahren wie Beton um mich gelegt haben und Tag für Tag ein wenig mehr aushärteten.

Wasser sprengt sogar Beton // Wenn es friert // Und ihm die Welt zu eng wird // Der Mensch besteht aus Wasser // Und ein paar Gedanken

Das schrieb ich mal vor vielen, vielen Jahren. In einem anderen Leben. Heute würde ich wahrscheinlich andere Worte finden. Dass der Beton überhitzt ist, würde ich schreiben. Und dass jeder Tropfen Wasser sofort zur Bedeutungslosigkeit verdampft. Und dass der Mensch aus Wasser, Angst und ein paar Gedanken besteht.

Aber ich habe keine Lust mehr. Ich habe noch nicht einmal mehr Lust, über tolle Filme und Serien zu schreiben, die ich gesehen habe. Über schöne, schräge Musik, die ich entdeckt habe. Oder darüber, dass Stuckrad-Barre in zwei Wochen einen neuen Roman veröffentlicht. Das sind kleine rosarote Farbtupfer. Auf dem Beton, der Beton bleibt.

Und noch etwas hat sich verändert. Früher© hatten meine Texte auch häufig eine weitere Funktion. Ich schnitt mir mit den Worten den Brustkorb auf, öffnete meine Schädeldecke und legte Herz und Seele zwischen die Zeilen. Ich kroch in jeden Textabsatz, versteckte mich in Leerstellen und Umbrüchen. Nie war ich nackter als auf einer Lesebühne.

Und auch darauf habe ich keine Lust mehr.

Diesen Blog habe ich über viele Jahre – meist stiefväterlich – bespielt. Momentan fühlt es sich so an, als bräuchte ich ihn nicht mehr.

Ich habe nicht aufgehört zu schreiben, aber ich habe erstmals das Gefühl, dass das, was ich schreibe, gar nicht in eine Öffentlichkeit will. Das will bei mir bleiben. In einem Ordner auf meinem Rechner.

Also mache ich hier eine Pause – die erste mit Ankündigung. Vielleicht schreibe ich im nächsten Urlaub wieder wie bekloppt hier rein. Vielleicht auch nicht. Ich weiß es gerade nicht. Aber das ist gut so. Und es geht ja auch Hand in Hand mit meiner Social-Media-Müdigkeit. Das Netz hätte uns alle näher zusammenbringen können. Aber letztendlich hat es das nicht getan.

Wir sehen, hören und lesen uns. Per Whatsapp, Telefon oder so richtig von Angesicht zu Angesicht. Das wäre doch super, oder?

Bleibt gesund und munter.

4 Gedanken zu “Ich lass das mit dem Bloggen

  1. Ich versteh dich soo gut. Hab mich selbst reduziert auf (für Außenstehende) völlig banales, nur um nicht ganz aufzuhören, weil das Schreiben doch noch irgendwo gut tut. Aber die Frage ist berechtigt und nahe liegend: muss das in die Welt oder reicht der Ordner auf dem Rechner?
    Ich wünsch dir, dass du Antworten findest oder einen Weg oder was immer für dich richtig ist. Und mir / uns wünsch ich, dass es „nur“ eine Pause ist. Weil jede Stimme wichtig ist.

    Mir fallen beim Schreiben grade wieder die letzten Worte von Johannes Korten ein. Sie sind heute noch wichtiger, als 2016, als er sie schrieb.

  2. Lieber Mirko,
    Es war (für mich) gut von dir wieder was zu lesen!!
    Ich verstehe dich so sehr! Ich glaube alle (fein)fühlende Leute haben momentan – oder eine ganze Weile – ähnliche Gedanken.. Probleme, auch die “ nur“ lesen, aber denken!.. und möchten etwas bewegen.., oder wenigstens sehen, dass andere, die dazu berufen sind, aktiv zu sein, schreiben, kämpfen, Antworten zu geben, vorwærts komnen und auf einem guten Weg sich befinden….
    Aber weit (ver)gefehlt…
    Die Welt ist wie im “ Gleich-Schrittmacher“ Tempo , total Gehirn gewaschen, wie Roboter taumelt von einem Disaster ins andere, alle spüren diese auftürmende Steine, Probleme, Kälte, Herzlosigkeit, Starrheit, Blödheit… Bedrohung und Angst…
    Der bedrohliche fließende Beton!! (Sehr gutes Bild!) und sind wie hypnotisiert, verblödet, gelähmt, hilflos, träge und halbtot..
    umsomehr müsste man sich schützen, und suchen eine Nische, wo man noch die echte Werte findet und zum Schutz hochhält..
    Heute hatte ich einen halbstündigen Film : in der Schweizerischen Fernsehen SRF1 (10:30)in der Sendung Sternstunde Religion gefunden, die mir eine echte Freude und Trost bedeutete: „Was uns heilig ist ! So schön- so gut“ 2021
    (In FB auf meiner Seite hast du einen Link dazu ) ich weiss nocht wie könnte ich es hierher „linken“ aber ich sende noch von dort dir persönlich in messenger/
    Schaue es an!! Lasse nicht den Beton dich umgeben!!!
    Sehe diese Schönheiten an und tauche lieber in diese Tiefe ein und erhebe deinen Blick in die Höhe – so kannst du besser auf die Karwoche vorbereiten!! ( Und wahrscheinlich unsere eigene Krisen zu bewältigen!!! )
    Pass auf dich auf!!!
    Warme Umarmung: Judith

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